Stolpersteine als Erinnerung an Menschen der Vergangenheit und als Ermahnung für die Zukunft
Der Künstler Gunter Demnig hat zu Beginn der Woche 15 neue Stolpersteine in Mönchengladbach verlegt. An der Waldhausener Straße 72, der Stepgesstraße 33, der Salierstr. 18, der Konstatinstraße 263, der Hauptstr. 175 sowie an der Sparkasse am Wickrather Markt 1 erinnern nun in den Boden eingelassene kleine Gedenktafeln an Menschen, die dort ihren letzten Wohnort hatten, bevor sie von den Nazis verhaftet, deportiert und in den meisten Fällen ermordet wurden. Die neu verlegten Steine erinnern an:
Waldhausener Straße 72
Jacob Levi war gebürtiger Krefelder, seine Frau Fanny stammte aus Wickrathberg. Die beiden Söhne Alex und Max Levi wurden 1910 bzw. 1911 geboren. Alex und seine Frau Erna Johanna Levi hatten einen Sohn, Joachim Gideon Levi, 1936 in M.Gladbach geboren. Jacob Levi besaß seit mindestens 1927 ein Installationsgeschäft an der Waldhausener Straße. Die gesamte Familie – außer Max Levi – wurde im April 1942 nach Izbica deportiert und 1945 für tot erklärt.
Stepgesstraße 33
Alfred Schnook kam 1899 in Rheydt zur Welt, seine Frau Rosalie 1894 in Waldenrath bei Heinsberg. Um 1930 hat sich das Ehepaar Schnook in M.Gladbach niedergelassen. Alfred Schnook war von Beruf Kaufmann, Rosalie Schnook seit 1933 Alleininhaberin eines Einzelhandelsgeschäfts mit gebrauchten Möbeln. Mit den beiden Kindern wurden Alfred und Rosalie Schnook im Oktober 1941 nach Litzmannstadt (Lodz) deportiert. Die Familie wurde vermutlich 1942 im Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno) ermordet.
Salierstraße 18
Hans Hützen war ein behinderter Junge, der Opfer des Euthanasie-Programms der Nationalsozialisten wurde. 1932 als Sohn des Klempners und Installateurs Johann Hützen und seiner Frau Maria Elisabeth geboren, verbrachte er seine Kindheit wegen seiner Behinderungen in mehreren Heil- und Pflegeanstalten. Vom St. Josefshaus in Hardt wurde Hans im Mai 1943 in die Heil- und Pflegeanstalt Am Spiegelgrund in Wien verlegt, wo man den hilflosen Jungen sich selbst überließ. Er starb im März 1945.
Konstantinstraße 263
Emma Struch wurde 1853 in Rheydt geboren. Die unverheiratete Frau wohnte bis 1937 an der Kreuzstraße, danach an der Hugo-Junkers-Straße. 85jährig und auf Hilfe angewiesen, bezog sie 1938 das Dachgeschoss des Giesenkirchener Krankenhauses, Konstantinstraße 263. Trotz ihres Alters wurde Emma Struch im Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie im Dezember des Jahres verstarb.

Hauptstraße 175
Die 1876 in Giesenkirchen geborene Regina Levy, die eine uneheliche Tochter hatte, wohnte bereits vor 1927 an der Hauptstraße 173. Für die Kommunalwahl 1933 kandidierte sie für die KPD. Amalie Hänsel zog, möglicherweise aus Hannover kommend, 1938 nach Rheydt zu ihrer vier Jahre jüngeren Schwester. 1940 mussten beide an die Königsstraße 61 umziehen. Regina Levy wurde im Dezember 1941 nach Riga deportiert, Amalie Hänsel im Juli 1942 nach Theresienstadt. Beide überlebten den Ghettoaufenthalt nicht.
Kirchtreppe 2 / Vor dem Sparkasseneingang Bernhardine und Dora Simons, 1863 bzw. 1866 in Wickrath als Töchter des Metzgers Joseph Simons und seiner Frau Rosalie Simons geb. Goldstein geboren, führten nach dem Tod ihres Vaters 1910 die Metzgerei weiter. Beide blieben unverheiratet. Im Juli 1942 wurden die Schwestern Simons in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo Bernhardine Simons Ende des Jahres zu Tode kam. Dora Simons‘ Todesdatum ist unbekannt.
Für die Stolpersteine haben unter anderem die Gesellschaft für christl. Jüdische Zusammenarbeit e.V. Mönchengladbach und die Klasse 9d des Franz-Meyers Gymnasiums Patenschaften übernommen. Bei der Verlegung gab es außerdem noch ein spontanes Engagement: Ein Mönchengladbacher hat an der Salierstraße ebenfalls noch eine Patenschaft übernommen.
Für Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners sind die Stolpersteine damit ein wichtiger Bestandteil der Erinnerungskultur in Mönchengladbach: „Dadurch, dass Steine für einzelne Opfer verlegt werden, werden wir auch an ihre ganz persönliche Geschichte und ihr Schicksal erinnert. Sie berühren uns. Dabei stehen sie stellvertretend für die vielen Opfer, die auch in Mönchengladbach in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und anschließend in Todeslagern oder anderen Orten des Grauens ermordet wurden. Dass wir heute an sie erinnern und sich unter anderem Schüler durch Patenschaften intensiv mit ihnen beschäftigen, ist nicht nur ein Blick in die Vergangenheit und die Geschichte. Es erinnert uns auch daran, dass wir eine Verantwortung haben, für die Zukunft. Das wir wachsam sind und Extremismus in unserer Gesellschaft keinen Raum geben dürfen.“
Mit den heute verlegten Stolpersteinen gibt es nun rund 270 Stolpersteine an rund 80 Orten in Mönchengladbach. Der Künstler Gunter Demnig setzt an den letzten selbstgewählten Wohnorten der Opfer kleine Gedenktafeln aus Messing in den Bürgersteig ein.
Eine Übersicht und weitere Informationen sind auch unter folgendem Link zu finden: https://www.moenchengladbach.de/de/leben-in-mg/stadtgeschichte/stolpersteine/