Wechsel im Museum Abteiberg

Oberkustodin Dr. Hannelore Kersting geht in den Ruhestand; Nachfolgerin wird Dr. Felicia Rappe

Am 31. Juli geht Museumsoberkustodin Dr. Hannelore Kersting, seit 1986 im Museum Abteiberg tätig, in den verdienten Ruhestand. Nachfolgerin wird die Kunsthistorikerin Dr. Felicia Rappe. Dr. Kersting begann nach ihrer Promotion bereits im Alter von 24 Jahren die berufliche Laufbahn. Sie war sieben Jahre am renommierten Städel in Frankfurt, wurde dort Kustodin für Malerei des 20. Jahrhunderts, wechselte dann 1986 an das frisch eröffnete Museum Abteiberg, das neuartige Haus der Gegenwartskunst, dem in diesen Jahren so viele andere (auch in Frankfurt) nachstrebten.

Sie gestaltete das Programm der jungen zeitgenössischen Kunst und bespielte die neuen Räume am Abteiberg unter anderem mit ganz frühen Einzelausstellungen von Ayse Erkmen, Roni Horn, Christopher Muller, Karin Sander, Frances Scholz, Präsentationen von Peter Campus, Joseph Marioni und vielen anderen mehr. Parallel begann sie, die Mönchengladbacher Sammlung zu betreuen: die Bestände der Kunst seit 1960, die historische Stiftung Kaesbach und das Konvolut der Sammlung Etzold.

Sie wurde eine enge Vertraute für Berni Etzold, mit der sie stets beriet, wenn Leihgaben angefragt wurden. Und sie wurde die einzigartige Kennerin des Museums, wovon ihre großen Bestandskataloge, „Kunst der Gegenwart. 1960 bis Ende der 80er Jahre“ (1988), „Die Kunst der ersten Jahrhunderhälfte“ (1990) und „Kunst der Gegenwart. 1960 bis 2007“ (2007) zeugen. „Mich hat immer die spannende Wechselbeziehung zwischen Architektur und Kunst fasziniert. Ich hatte einen Traumberuf, den ich täglich mit großer Leidenschaft ausgeübt habe. Allerdings hat sich die Arbeit in der kleinen Mannschaft zu einem Hochleistungssport entwickelt“, begründet sie ihre Entscheidung, vorzeitig das Museum zu verlassen.

Dr. Hannelore Kersting erschloss das Depot und das Archiv digital, sicherte das Wissen über die Objekte, deren Geschichte, deren Präsentationsregeln, die komplexeren konservatorischen Fragen vieler Neuerwerbungen der vergangenen einunddreißig Jahre und die Ideengeschichte des Museums selbst.

„Hannelore Kersting hat für das Museum Standpunkt und Haltung, Reflexion und sorgfältige Arbeit eingefordert, die Kernaufgaben des Museums verfochten und dabei freier und unabhängiger gedacht als so manche glauben. Im Jahr 1986, als sie aus dem Städel nach Mönchengladbach kam, signalisierte sie ein grenz- und zeitüberschreitendes Denken“, so Museumsdirektorin Susanne Titz. Der Presse sagte sie damals, dass sie Mittelalter, Barock und der Gegenwart verbunden sei, kaum der Renaissance: Der Barock sei wichtig, denn er habe mit der Gegenwart die Grenzüberschreitung gemein. „In der Präsentation der Sammlung entwickelte sie eine grandiose Souveränität, die sich in diesen Grenzüberschreitungen erklärt“, ergänzt Susanne Titz. Verstärkt seit der Generalsanierung 2006/2007 schuf sie in der Sammlungspräsentation des Museums Abteiberg stets neue Konstellationen, die Korrespondenzen zwischen den Zeiten eröffneten, außerordentlich überraschend waren und in der Fachwelt als sehr besonders – intelligent und rar – registriert wurden – ein herausragendes Beispiel ist Fiona Banners Arsewoman in Wonderland, eine Erwerbung des Jahres 2004, die seither in ständig neuen Nachbarschaften, mit Ryman und Marioni, mit Polke, Kippenberger und West oder mit Roni Horn auftaucht. In ähnlich neuer Perspektive hat sie in den 2000er Jahren die frühe Computergrafik in der Sammlung Etzold, deren viele unerwartet knallbunte Druckmappen aus der Pop Art sowie auch die kleinteiligen Zettel der Konzeptkünstler aus den Graphikschränken herausgeholt, um deren Zeitgenossenschaft und Aktualität zu zeigen.

Dr. Felicia Rappe, geboren 1980 in Ostwestfalen, hat in Freiburg im Breisgau und in Paris Kunstgeschichte, Neuere Deutsche Literatur und Klassische Archäologie studiert. Sie promovierte an der Freien Universität Berlin auf dem Gebiet der Gegenwartskunst: An der Schnittstelle von Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft untersuchte sie aktuelle Bühnenbilder, Installationen und Performances bildender Künstler im Rahmen der Oper. Ihr wissenschaftliches Volontariat absolvierte Dr. Felicia Rappe an der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München und war danach an der Münchner Kunstakademie tätig. Zuletzt war sie als Kuratorin an der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin beschäftigt und betreute in dieser Funktion das Museum Berggruen. Neben Ausstellungen zur Kunst der Klassischen Moderne zeigte sie dort zeitgenössische Kunst im Bereich von Malerei, Fotografie und Klangkunst. „Das Museum Abteiberg beeindruckt nicht nur wegen der sehr außergewöhnlichen Architektur und der besonderen Präsentation der Kunstwerke, sondern auch durch die neuerlich verstärkte Integration in den Stadtraum und die daraus resultierenden Möglichkeiten, diesen zu bespielen“, freut sich Dr. Felicia Rappe auf ihre neue Aufgabe. (pmg/sp)

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